Geburtsschäden
Das Schmerzensgeld bei Geburtsschäden beinhaltet im Vergleich zu der sonst bestehenden medizinischen Haftung eines Arztes Besonderheiten.
So haben Behandlungsfehler des Arztes oder der Hebamme in der Geburtshilfe nicht selten gravierende Auswirkungen. Gerade schwere Hirnschädigungen mit nicht behebbaren Dauerfolgen führen die betroffenen Familien an die Grenzen der Belastbarkeit. Kinder mit Geburtsschäden bleiben vielfach in allen Bereichen ihr Leben lang auf Hilfe von Dritten angewiesen. Neben der körperlichen und seelischen Belastung der Eltern führen gerade auch finanzielle Sorgen zu einer erheblichen Erschwerung der Situation.
So ist es nicht verwunderlich, dass in dem Bereich der Geburtsschäden die Zivilgerichte mitunter die höchsten Schmerzensgeldbeträge von rund 500.000 Euro festsetzen. Beispielhaft wären hier zu bezeichnen die Urteile des Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken vom 22. April 2008 - Aktenzeichen: 5 U 6/07 -, des OLG Köln vom 20. Dezember 2006 - Aktenzeichen: 5 U 130/01 - und des OLG Hamm vom 21. Mai 2003 - Aktenzeichen: 3 U 122/02. Diesen Urteilen zu Grunde lagen Schwerstschädigungen der Betroffenen: die Lähmung sämtlicher Gliedmaßen, die Erforderlichkeit einer künstlichen Ernährung, Erblindung und geistige Schwerbehinderung.
Bei entsprechendem Antrag haben die Gerichte gerade bei Geburtsschäden auch die Möglichkeit eine regelmäßige Schmerzensgeldrente festzusetzen.
Diese wird neben einem einmal zu zahlenden Schmerzensgeld als Kapitalbetrag zusätzlich monatlich ausgezahlt. Bekannt hierzu sind Urteile mit monatlichen Geldrenten von 150 bis 500 Euro. Grundsätzlich darf die Schmerzensgeldrente im Verhältnis zu dem einmal zu zahlenden Schmerzensgeld nicht zu niedrig ausfallen.
Die Geldrente stellt zu dem einmal zu zahlenden Schmerzensgeld als Kapitalbetrag eine Ausnahme dar. Diese Ausnahme kommt in Betracht bei andauernder, fortwirkender und so empfundener, erheblicher Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit und Lebensfreude. Dieses gilt gerade bei den für Geburtsschäden typischen, schwerwiegenden Beeinträchtigungen angesichts schwerer oder schwerster Dauerschäden. Dazu zählen zum Beispiel der Verlust oder die erhebliche Beeinträchtigung eines Gliedes oder Sinnesorgans oder elementare Beeinträchtigung, die der Betroffene lebenslang schmerzlich spürt und wobei er immer wieder neu leidet, so bei schwersten Hirnschäden oder Querschnittslähmung.
Solange der Betroffene unter den Verletzungen leidet, soll er eine wiederkehrende Entschädigung für die stetige Lebensbeeinträchtigung erhalten. Die Schmerzensgeldrente hat zu dem einmal zu zahlenden Schmerzensgeld den Vorteil, dass der Betroffene regelmäßige Geldzahlungen erhält und die Familie - selbst bei finanzieller Unerfahrenheit - die Gelder nicht fehlerhaft verwirtschaftet.
Ein Urteil, das dem Betroffenen eine Geldrente zuspricht, ist sogar änderbar, so dass auch nachträglich eine Erhöhung der Geldrente in späteren Jahren möglich bleibt.
Dieses ist alleine bereits im Hinblick auf die stetige Geldentwertung unverzichtbar. Ebenso ist denkbar, dass sich der Gesundheitszustand des Betroffenen so weit verschlechtert, dass die einmal festgelegte Geldrente als nicht mehr angemessen erscheint. Das einmal gezahlte Schmerzensgeld ist hingegen nicht änderbar. Lediglich wenn Umstände hinzukommen, die zum Zeitpunkt des Urteils nicht vorhersehbar waren, ist eine nachträgliche, einmalige Schmerzensgeldanpassung möglich.
Gerade bei Geburtsschäden sollte im rechtlichen Idealfall sowohl auf die Zahlung von Schmerzensgeld als auch auf eine Schmerzensgeldrente geklagt werden. Das Vorgehen des Anwalts sollte grundsätzlich immer beide Aspekte umfassen.
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