Europäische Erbrechtsverordnung
Gabriele Renken-Röhrs
Neue europäische Erbrechtsverordnung und europäisches Nachlasszeugnis.
Der europäische Gesetzgeber hat zur Verwirklichung eines einheitlichen Rechtsraumes die europäische Erbrechtsverordnung erlassen. Sie enthält umfassende Regelungen für grenzüberschreitende Erbfälle. Allerdings geht mit dem Vorteil der einheitlichen, rechtlichen Gestaltung auch ein erheblicher Nachteil einher, denn viele gemeinschaftliche Testamente und Erbverträge nach deutschem Recht könnten ihre Gültigkeit verlieren.
Für alle Erbfälle nach dem 18. August 2015 wird der Nachlass nach dem Recht des Landes abgewickelt, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Anders als im deutschen und italienischen Recht ist die Staatsangehörigkeit dann nicht mehr der Anknüpfungspunkt für die Anwendung des heimatlichen Rechts, wenn beispielsweise aufgrund des gewöhnlichen Aufenthaltes in einer spanischen Immobilie spanisches Erbrecht Anwendung findet. Ein gemeinschaftliches Testament oder Erbvertrag nach deutschem Recht verlöre seine Geltung. Insoweit müssten diese Testamente überarbeitet und abgeändert werden.
Jeder EU-Bürger soll nach der neuen europäischen Erbrechtsverordnung das Recht seines Heimatlandes als für ihn gültiges Erbrecht wählen können.
Daneben ist ein europaweit gültiger Erbschein geplant, der auch zu Grundbucheinträgen und Kontovollmachten berechtigt. Wer also Grundvermögen im europäischen Ausland hat, sollte sich über die jeweiligen Rechtsordnungen des Landes informieren. Ist man mit dem zur Anwendung kommenden Recht und seinen Rechtsfolgen nicht einverstanden, kann man durch eine vorweggenommene Erbfolge, also durch eine Schenkung zu Lebzeiten, seine Wünsche erfüllen und künftig per Testament das Recht seines Heimatlandes wählen.
Neben gemeinschaftlichen Testamenten und Erbverträgen ist beispielsweise in Frankreich auch der Pflichtteilsverzicht von Kindern verboten. Nichteheliche Kinder haben in Frankreich das so genannte Noterbrecht und damit einen Zwangsanspruch auf einen Teil des Nachlasses ihrer Eltern.
Bei spanischen Immobilien gelten überdies unterschiedliche, regionale Vorschriften. Diese können zum Teil erheblich voneinander abweichen. Eine überlebende Ehefrau muss beispielsweise befürchten, dass ihr an der Immobilie ihres Ehegatten nur ein lebenslanges Nutzungsrecht an dem Nachlass zusteht, während die Kinder des Erblassers sich den gesamten Nachlass teilen.
Solche und ähnlich „schöne“ Überraschungen sind durch die neue europäische Erbrechtsverordnung sehr wahrscheinlich.
Deutschen mit Auslandsgrundbesitz kann daher nur empfohlen werden, sich über die einzelnen Rechtsordnungen beraten zu lassen, um die gewünschte Nachlassentscheidung auch in die Tat umsetzen zu können.
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