Erbschaftssteuerreform II
Barbara Brauck-Hunger
Die Erbschafts- und Schenkungssteuerreform von 2009 wurde zum 1. Januar 2010 geändert. Welche Änderungen ergeben sich nun für den Einzelnen?
Vor allem für Immobilienbesitzer wird es teurer. Bislang musste nicht der gesamte Verkehrswert der Immobilie versteuert werden, sondern ein nach dem Bewertungsgesetz ermittelter Wert. Dieser lag regelmäßig bei zirka 60 Prozent des Verkehrswertes. Nunmehr ist der höhere Verkehrswert der Immobilie entscheidend. Vererbt eine Mutter ihrem Kind eine Immobilie im Wert von 600.000 Euro, musste das Kind nach altem Recht 17.050 Euro Erbschaftssteuer zahlen. Jetzt zahlt das Kind 22.000 Euro.
Eine Ausnahme bildet das selbstgenutzte Wohneigentum.
Bewohnt der Ehegatte oder das Kind des Erblassers die Immobilie selbst, muss keine Erbschaftssteuer gezahlt werden. Ehegatte / Kind müssen die Immobilie jedoch zehn Jahre lang selbst bewohnen, ansonsten fällt die Erbschaftssteuer in voller Höhe an. Und dann wird es teurer als vorher. Denn wie bereits oben ausgeführt werden Immobilien statt des früheren, geringeren Steuerwertes jetzt mit dem vollen Verkehrswert herangezogen. Selbst bewohnen heißt kein Verkauf, keine Vermietung. Weitere Ausnahme: Der Ehepartner stirbt vor Ablauf der Zehn-Jahresfrist oder geht in ein Pflegeheim. Dann muss er keine Erbschaftssteuer nachzahlen.
Die Zehn-Jahresfrist einzuhalten, kann besonders Kindern schwer fallen. Beispiel: Das Kind wechselt wegen einer Arbeitsstelle den Wohnort oder zieht aufgrund Heirat oder Trennung aus dem Haus aus. Dann muss es für die Immobilie Erbschaftssteuer in voller Höhe nachzahlen. Für Kinder gibt es eine weitere Begrenzung. Die Wohnfläche darf 200 qm nicht übersteigen. Liegt die Wohnfläche darüber, werden anteilig Steuern fällig.
Zum Ausgleich gibt es höhere Freibeträge.
Für Vermögen bis zur Höhe des Freibetrages braucht keine Erbschafts- beziehungsweise Schenkungssteuer gezahlt werden. Für Ehegatten wird der Freibetrag von 307.000 Euro auf 500.000 Euro erhöht. Für Kinder (hierunter fallen auch Stiefkinder) erhöht sich der Freibetrag von 205.000 Euro auf 400.000 Euro.
Enkelkinder hatten bislang einen Freibetrag von 51.200 Euro. Nach der Erbschaftssteuerreform erhalten sie einen Freibetrag von 200.000 Euro. Die Vergünstigungen für selbstgenutztes Wohneigentum gelten jedoch nicht für die Enkel. Auch der gleichgeschlechtliche Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft kann sich freuen. Sein Freibetrag steigt von 5.200 Euro auf 500.00 Euro. Er erhält also den gleichen Freibetrag wie ein Ehegatte, ist diesem aber nicht vollkommen gleichgestellt. Der Ehepartner hat die günstige Erbschaftssteuerklasse I mit Steuersätzen von sieben bis 30 Prozent, der gleichgeschlechtliche Lebenspartner dagegen die ungünstigere Steuerklasse III.
Der Nachlass, der oberhalb des Freibetrags liegt, muss von ihm mit 30 oder gar 50 Prozent versteuert werden.
Auch für Geschwister und andere entfernte Verwandte wie zum Beispiel Nichten und Neffen erhöhen sich die Freibeträge von 10.300 auf 20.000 Euro. Trotzdem stehen sie nach der Reform im Vergleich zur bisherigen Gesetzeslage entschieden schlechter da. Die Steuersätze für die Steuerklassen II und III wurden drastisch angehoben. Sie steigen in der Steuerklasse II auf 15 bis 43 Prozent, in der Steuerklasse III nunmehr auf 30 Prozent, bei einem Vermögen über sechs Millionen auf 50 Prozent. Wird die oben genannte Immobilie nicht von der Mutter auf das Kind übertragen, sondern vom Onkel an seinen Neffen vererbt, so zahlte der Neffe nach altem Recht 76.934 Euro Erbschaftssteuer. Jetzt, nach der Erbrechtsreform, zahlt er dagegen 116.000 Euro. Entferntere Verwandte und Nicht-Verwandte sind damit die großen Verlierer der Erbschaftssteuerreform.
Die bisher getroffenen testamentarischen Regelungen müssen im Hinblick auf das neue Recht überprüft werden. Vor allem dann, wenn statt Ehegatten und Kinder andere Verwandte wie Geschwister, Nichten und Neffen und so weiter erben.
Über die Autorin
Fachanwältin für Erbrecht
Rechtsanwältin Brauck-Hunger
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