Bei der horizontalen Arbeitsteilung (zum Beispiel Chirurg-Anästhesist; Hausarzt-Radiologe oder Hausarzt-Laborarzt) gilt der Vertrauensgrundsatz.
Der Arzt hat denjenigen Gefahren zu begegnen, die in seinem Aufgabenbereich entstehen. Solange keine offensichtlichen Qualifikationsmängel oder offenkundige Fehler vorliegen, kann er davon ausgehen, dass der Kollege des anderen Fachbereiches seine Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt erfüllt. Eine gegenseitige Überwachungspflicht besteht bei der horizontalen Arbeitsteilung nicht. So darf sich etwa ein nur für die Durchführung einer Operation hinzugezogener Chirurg grundsätzlich auf die überweisenden Ärzte, die die Operation erbeten haben, verlassen.
Der mit einer bestimmten Operation beauftragte Chirurg kann also grundsätzlich darauf vertrauen, dass der zuweisende Arzt die Operationsindikation zutreffend stellt. Ferner kann er davon ausgehen, dass der Patient nach ordnungsgemäßer Aufklärung in die Operation eingewilligt hat. Zeigt sich allerdings intraoperativ ein Befund, der durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit der Indikation und/oder der Aufklärung weckt, muss er den Eingriff zur Behebung der Zweifel gegebenenfalls abbrechen.
Wenn der Operateur in die Indikationsstellung maßgeblich eingebunden ist oder gerade als Spezialist um Hilfe gebeten wird, obliegt ihm nicht mehr nur die technische Durchführung der Operation und die Aufklärung über die Operationsrisiken. Er muss auch die Notwendigkeit und die Besprechung des Eingriffs erläutern. Er darf sich nicht darauf verlassen, dass sein Kollege den Patienten vollumfänglich und fachgerecht aufgeklärt hat.
Bei der Inanspruchnahme eines externen Arztes wird der behandelnde Arzt im Regelfall als Stellvertreter des Patienten tätig. Übersendet er beispielsweise Untersuchungsmaterial an einen Laborarzt, erteilt er den damit verbundenen Auftrag grundsätzlich im Namen des Patienten.
Es geht zum Beispiel um die Frage, in welchem Umfang Kontrollen erforderlich sind oder inwieweit sich nachgeordnetes, ärztliches und nichtärztliches Personal auf die Organisation und die Anordnungen der vorgesetzten Ärzte verlassen kann. Ein Assistenzarzt darf beispielsweise auf die vom Facharzt angeordneten Maßnahmen vertrauen, sofern nicht für ihn erkennbare Umstände hervortreten, die ein solches Vertrauen als nicht gerechtfertigt erscheinen lassen. Der nachgeordnete (Assistenz-)Arzt haftet daher nur bei einem allein von ihm zu verantwortenden Verhalten. Das ist etwa der Fall, wenn ihm eine Behandlung zur selbstständigen Ausführung überlassen wird oder ihm ein Übernahmeverschulden zur Last fällt.
Wurde die Schädigung durch eine Unterlassung begangen, bedarf es eines Vortrages der Behandlungsseite dazu, ob und inwieweit der Facharzt gegenüber dem nachgeordneten Arzt etwaige Anweisungen zu medizinisch gebotenen Befunderhebungen erteilt hat. Die Mitteilung, es hätte sich um einen „in der Weiterbildungszeit befindlichen Stationsarzt“ gehandelt, reicht für eine Entlastung nicht aus.
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