Steuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen.
Die Vorschriften zur Bewertung von Unternehmen wurden drastisch verschärft. Zugleich aber wurden Regelungen eingeführt, die unter bestimmten Voraussetzungen einen hohen Verschonungsabschlag bei der Besteuerung von Betriebsvermögen vorsehen.
Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung den Übertrag von Betriebsvermögen begünstigen, diese Begünstigung aber nur auf tatsächlich produktiv verwendetes Vermögen angewendet wissen. Deshalb wurde zur Ausgrenzung von „unerwünschtem“ Betriebsvermögen der Begriff des so genannten Verwaltungsvermögens neu eingeführt. Dieses Verwaltungsvermögen ist nicht begünstigt, muss also zum vollen Verkehrswert besteuert werden. Ein wesentlicher Teil dieses Verwaltungsvermögens sind Immobilien, die Dritten zur Nutzung überlassen sind, beispielsweise vermietete Wohngebäude.
In der Praxis muss deshalb jeder zu übertragende Vermögenswert, auch wenn er in einer Bilanz erfasst ist, gesondert untersucht und geprüft werden, ob er dem produktiven Betriebsvermögen oder dem Verwaltungsvermögen zuzuordnen ist. Hierbei bestehen auch gewisse Gestaltungsspielräume. Guthabenkonten bei einer Bank zählen beispielsweise zum produktiven Betriebsvermögen, Anteile an einem Geldmarktfonds hingegen zum Verwaltungsvermögen.
Nach der Qualifizierung in produktives Betriebsvermögen oder Verwaltungsvermögen ist dann der so genannte Verwaltungsvermögenstest durchzuführen. Für die Verschonung von Betriebsvermögen darf der Anteil des Verwaltungsvermögens nicht höher als 50 Prozent des insgesamt übertragenen Vermögenswertes sein. Zur Berechnung dieser Quote ist der Wert des Betriebes (inklusive Verbindlichkeiten) in Relation zum Verwaltungsvermögen zu setzen. Die Gegenstände des Verwaltungsvermögens, sind dabei einzeln mit ihrem Verkehrswert zu bewerten.
Bleibt der Anteil des Verwaltungsvermögens sehr deutlich unter der 50-Prozent-Schwelle, besteht unter Umständen ein weiterer Gestaltungsspielraum. Dann kann nämlich privates Vermögen in das Betriebsvermögen eingebracht werden. Der Charme dieser Vorgehensweise liegt darin, dass nach dem Bestehen dieses Verwaltungsvermögentests das gesamte Betriebsvermögen in den Genuss der Verschonungsregeln kommt. Hier sind allerdings genaue Bewertungen vorzunehmen und es ist auch ratsam, einen Sicherheitsspielraum vorzusehen.
Allerdings ist diese Begünstigung an weitere Voraussetzungen gebunden. Für alle Betriebe gilt, dass eine Veräußerung des übernommenen Betriebs innerhalb einer Frist von fünf Jahren nach Übernahme steuerschädlich ist. Das heißt die Begünstigung entfällt rückwirkend. Der Veräußerung des übernommenen Betriebes werden bestimmte andere Maßnahmen oder Ereignisse (leider auch die Insolvenz) gleichgestellt, so dass eine enge Begleitung durch den Steuerberater angebracht ist.
Für Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten gilt darüber hinaus das Erfordernis, dass die Summe der jährlichen Lohnsummen innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb insgesamt 400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht unterschreiten darf. Hier besteht bei rechtzeitiger Vorbereitung der Betriebsübergabe möglicherweise ein Gestaltungsspielraum, um die Höhe der Ausgangslohnsumme zu beeinflussen. Diese Vorgehensweise ist das gesetzliche Regelmodel.
Dann gelten allerdings wesentlich höhere Anforderungen:
Der Anteil des Verwaltungsvermögens darf nicht mehr als zehn Prozent betragen.
Die Behaltensfrist ist von fünf auf sieben Jahre erhöht.
Die Lohnsumme muss für eine Dauer von sieben Jahren den Wert von 700 Prozent der Ausgangslohnsumme erreichen.
Diese Anforderungen sind in der Praxis nur schwer zu erfüllen. Bereits das Erfordernis eines Anteils von nur zehn Prozent Verwaltungsvermögen am gesamten Betriebsvermögen ist eine hohe Hürde. Außerdem ist es extrem ungewiss, ob die Ausgangslohnsumme jährlich über einen Zeitraum von sieben Jahren nach Übernahme tatsächlich zu 100 Prozent erreicht werden kann. Erfahrungsgemäß dürfte in einem Zeitraum von sieben Jahren eine Periode schwachen Wirtschaftswachstums oder gar eine Rezession auftreten, auf die in der Regel auch durch Reduktion der Personalkosten zu reagieren sein wird. Bei der dann zu treffenden Entscheidung widerstreiten die Interessen an einer Vermeidung der Nachversteuerung und einer sachgerechten, betriebswirtschaftlichen Vorgehensweise. Kein einfacher Konflikt, zu dessen Bewältigung - oder besser noch zur Vermeidung - eine fundierte, interdisziplinäre Beratung erforderlich ist.
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