Besucht ein Kind eine private Schule, die sich in der Verantwortung eines freien, nichtstaatlichen Schulträgers befindet, können die Eltern von dem gezahlten Schulgeld 30 Prozent als Sonderausgaben absetzen, höchsten jedoch 5.000 Euro pro Jahr und Kind. Die Finanzverwaltung hat jüngst die Voraussetzungen präzisiert, unter denen die Steuervergünstigung nach Paragraf 10 Absatz 1 Nummer 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beansprucht werden kann.
Voraussetzung für die Berücksichtigung von Schulgeld als Sonderausgabe ist, dass der Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule, die im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) oder im Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) belegen ist, zu einem anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt oder darauf vorbereitet. Maßgebend ist der erreichte bzw. angestrebte Abschluss.
Tipp: Die Prüfung und Feststellung der genannten schulrechtlichen Kriterien obliegt grundsätzlich dem zuständigen inländischen Landesministerium (z. B. Schul- oder Kultusministerium), der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) oder der zuständigen inländischen Zeugnisanerkennungsstelle (ZASt). Die Finanzverwaltung ist an deren Entscheidung gebunden.
Beantragen Steuerpflichtige den Sonderausgabenabzug ohne, dass ein Anerkennungsbescheid einer der o. g. Behörden vorgelegt wird, ist zunächst zu prüfen, ob die Schule in einem Verzeichnis von Ersatzschulen der Bundesländeraufgeführt wird. Aus Vereinfachungsgründen kann bei diesen Schulen von der Anforderung eines Anerkennungsbescheids abgesehen werden, denn Ersatzschulen erfüllen zwangsläufig die steuerlichen Voraussetzungen.
Tipp: Der Nachweis des Besuchs einer Ersatzschule kann in Form einer Schulbesuchsbescheinigung erbracht werden.
Handelt es sich bei der Einrichtung um keine Ersatzschule, ist ein Nachweis über den angestrebten Abschluss in Form eines Anerkennungsbescheids der zuständigen Kultusbehörde unerlässlich. Eine Bestätigung durch die Schule selbst stellt keinen Anerkennungsbescheid in diesem Sinne dar und ist nicht ausreichend.
Zu den Einrichtungen, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss ordnungsgemäß vorbereiten, gehören nur solche, die nach einem staatlich vorgegebenen, genehmigten oder beaufsichtigten Lehrplan ausbilden. Daher sind Besuche von Nachhilfeeinrichtungen, Musikschulen, Sportvereinen, Ferienkursen (z. B. Feriensprachkursen) und Ähnlichem nicht begünstigt.
Hochschulen einschließlich der Fachhochschulen und die ihnen im EU/EWR-Ausland gleichstehenden Einrichtungen sind ebenfalls keine begünstigten Schulen, so dass Gebühren für deren Besuch (z. B. Studiengebühren) von einer Berücksichtigung ausgeschlossen sind.
Auch der Besuch einer Berufsakademie im tertiären Bereich stellt keinen begünstigten dar. Berufsakademien sind Einrichtungen, die nach dem dualen System die theoretische Ausbildung an einer Studienakademie und den Praxisbezug in einem Betrieb vermitteln. Zugangsvoraussetzung für Berufsakademien im tertiären Bereich ist ein Abschluss im Sekundarbereich II (Abitur/Fachhochschulreife) bzw. eine dreijährige Berufstätigkeit. Sie schließen mit dem Bachelorgrad ab (z. B. Bachelor of Science, Bachelor of Arts). Sie sind daher mit Hochschulen vergleichbar und können nicht berücksichtigt werden.
Tipp: Daneben existieren in einigen Ländern allerdings auch Berufsakademien, die sich an klassischen Ausbildungsberufen orientieren und nicht dem tertiären Bildungssektor angehören. Sie führen zu keinem akademischen Abschluss und können daher unter den übrigen Voraussetzungen berücksichtigt werden.
Für die Anerkennung des Sonderausgabenabzugs kommt es nicht darauf an, wer Vertragspartner der Schule ist oder von wem das Schulgeld tatsächlich geleistet wurde. Die Einkommensteuerreferatsleiter der obersten Finanzbehörden der Länder haben entschieden, dass es alleine darauf ankommt, wer das Schulgeld wirtschaftlich getragen hat.
Tipp: Schulgeldzahlungen können daher bei den Eltern auch dann berücksichtigt werden, wenn deren unterhaltsberechtigtes Kind selbst Vertragspartner der Schule ist. Von der erforderlichen Unterhaltsberechtigung des Kindes ist auszugehen, wenn die Eltern für das Kind Kindergeld bzw. einen Kinderfreibetrag erhalten.
Seelisch behinderten Kindern und Jugendlichen kann eine Eingliederungshilfe gewährt werden. Werden Kinder und Jugendliche im Rahmen der Gewährung einer solchen Eingliederungshilfe in einem Internat untergebracht, sind zwar die Eltern Vertragspartner der Schule, die Kosten für den Besuch der Schule trägt jedoch zunächst das Jugendamt.
Die Eltern sind verpflichtet, zu den Kosten der Jugendhilfeleistung beizutragen, soweit ihnen dies zuzumuten ist. Sofern die Kostenbeiträge der Eltern zur Finanzierung des Besuchs einer begünstigten Schule dienen, können 30 Prozent der Beiträge als Sonderausgaben berücksichtigt werden, soweit diese nicht auf Kosten für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung entfallen.
Tipp: Der Zahlungsweg über die Einrichtung der Jugendhilfe führt nicht zum Verlust des Schulgeldcharakters.
Europäische Schulen sind durch den deutschen Gesetzgeber in einer Weise anerkannt, die einer staatlichen Genehmigung gleichkommt. Sie befinden sich in Deutschland und im EU-Ausland und sind nicht zu verwechseln mit „Europaschulen“. Auf der Internetseite der Europäischen Schulen (http://www.eursc.eu/de) werden diese Schulen abschließend namentlich genannt. Zurzeit gibt es vierzehn dieser Schulen in sieben Ländern:
Tipp: Die Europäischen Schulen erfüllen die Voraussetzungen, unter denen bei einer deutschen Schule eine Genehmigung zu erteilen wäre. Eine Prüfung durch die ZASt ist für Schüler Europäischer Schulen nicht erforderlich. Stattdessen genügt für die Berücksichtigung des Schulgelds eine Schulbesuchsbescheinigung.
Schulgeldzahlungen an Internationale Schulen im Inland (z. B. Bavarian International School -BIS- und Munich International School e. V. -MIS-) können ohne Bestätigung der ZASt nur bis zur Jahrgangsstufe 9 als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Ab der Jahrgangsstufe 10 können die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nicht mehr als erfüllt unterstellt werden.
Ausschlaggebend für die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit der Jahrgangsstufen 10, 11 und 12 ist die Fächerkombination in den Jahrgangsstufen 11 und 12. Die Fächerwahl wird während der 10. Jahrgangsstufe getroffen und ist für die beiden nachfolgenden Jahrgangsstufen bindend.
Tipp: Die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug liegen nur dann vor, wenn die ZASt bestätigt, dass die verbindliche Fächerwahl für die 11. und 12. Jahrgangsstufe (Higher Level/Standard Level) dem Beschluss der KMK entspricht. Denn dann kann der Schüler nach der 12. Jahrgangsstufe die Hochschulreife und somit einen Abschluss, der einem Abschluss einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannt ist, erlangen. Da ein nachträglicher Fächerwechsel nicht möglich ist, genügt eine einmalige Bestätigung der ZASt.
Bescheinigt die ZASt, dass die Fächerwahl für die 11. und 12. Jahrgangsstufe im Einklang mit dem KMK-Beschluss steht, so ist das Schulgeld für die Jahrgangsstufen 10, 11 und 12 zu berücksichtigen. Denn die 10. Klasse dient damit der Vorbereitung auf die nachfolgenden Jahrgangsstufen, die wiederum zu einem anerkennungsfähigen Abschluss führen.
Entspricht die Kursbelegung für die 11. und 12. Jahrgangsstufe hingegen laut Bescheinigung der ZASt nicht dem Beschluss der KMK, so kann das Schulgeld für die 10. bis einschließlich der 12. Jahrgangsstufe nicht berücksichtigt werden.
Schulgeldzahlungen für den Besuch einer „Deutschen Schule“ im Ausland sind immer als Sonderausgaben abziehbar, selbst wenn sie – anders als bei allen übrigen Schulen – außerhalb des EU/EWR-Raumes liegen. Eine zusätzliche Bestätigung der ZASt ist nicht erforderlich.
Auf der Internetseite https://www.kmk.org/ kann (unter Dokumentation und Statistik >Beschlüsse und Veröffentlichungen >Bildung/Schule >Auslandsschulen) eine Übersicht über die von der KMK anerkannten deutschen Auslandsschulen abgerufen werden.
Tipp: Zudem finden sich dort weitere Listen über deutsche Auslandsschulen, die zwar keine offizielle Anerkennung besitzen, deren Abschlüsse aber denen inländischer Schulen vergleichbar sind und die daher nach den allgemeinen Regeln anerkannt werden können. Nach Auskunft der KMK werden diese Listen alle zwei Jahre aktualisiert.
Im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland belegene Schulen
Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland ist am 31.01.2020 aus der EU ausgetreten. Im Austrittsabkommen wurde ein Übergangs- oder Durchführungszeitraum vereinbart, der am 31.12.2020 geendet ist. Bis 2020 sind daher Schulgeldzahlungen an eine im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland belegene Schule noch als Sonderausgaben berücksichtigungsfähig.
Tipp: Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland stellt aufgrund des Austritts aus der EU ab 2021 steuerlich ein sog. Drittland dar. Schulgeldzahlungen an eine im Vereinigten Königreich und Nordirland belegene Schule sind daher nicht mehr als Sonderausgaben abzugsfähig (mit Ausnahme von dort belegenen Deutschen Schulen).
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